Reemtsma umgeht Verbot von Menthol-Zigaretten

am 19. Mai 2020

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Sogar die Corona-Pandemie soll der Tabakwirtschaft noch einen weiteren Aufschub bringen
Am Mittwoch, den 20. Mai, tritt das Verbot des Verkaufs von Menthol-Zigaretten in Kraft. Das Verbot hat den Zweck, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten und die Zahl der Raucher zu verringern. Als mildes Anästhetikum betäubt es den Rachen und die Atemwege, so dass gerade für Jugendliche das Rauchen mit Menthol noch gefährlicher wird, weil es den Einstieg erleichtert.


Wegen dieser besonderen Gefahren hatte bereits im Jahr 2014 das Europäische Parlament trotz heftigen Widerstands der Tabakindustrie das Menthol-Verbot beschlossen. Die EU-Tabakproduktrichtlinie wurde 2016 mit einer Übergangsfrist von vier Jahren übernommen. Wieder will sich die Tabakindustrie damit nicht abfinden. Der Tabakkonzern Reemtsma bringt Menthol getränkte Rizla-Karten auf den Markt und propagiert: Man stecke eine Karte in die Zigarettenpackung und nach einer Stunde haben die Zigaretten das Menthol-Aroma angenommen.


Nach Auffassung des Forum Rauchfrei wird damit das Verbotsgesetz umgangen. Offenbar will sich Reemtsma darauf berufen, dass die „Aroma Cards“ ein separates Produkt seien, so dass sie als Zubehör nicht unter das Verbot von Menthol-Zigaretten fallen. Johannes Spatz, der Sprecher des Forum Rauchfrei: „Der Schutz der Gesundheit junger Menschen muss Vorrang vor den Profitinteressen eines Tabakkonzerns haben. Wenn die Rizla-Karten weiter verkauft werden, wird der Staat von Reemtsma an der Nase herumgeführt.“ Das Forum Rauchfrei hat daher Julia Klöckner, zuständige Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, aufgefordert, den Machenschaften von Reemtsma ein Ende zu setzen, notfalls mit einer Initiative für eine umgehende Änderung bzw. Ergänzung des Gesetzes.


Ebenfalls an Dreistigkeit kaum zu überbieten sei die Initiative der Tabakwirtschaft gewesen, das Verbotsgesetz wegen Corona auf Eis zu legen, so Spatz. Die Tabakwirtschaft versuchte quasi in letzter Minute noch einen Aufschub des Verbots zu erreichen und fragte im zuständigen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft an, ob es wegen der Corona bedingten Schließungen von Tabakgeschäften eine Fristverlängerung für das Verkaufsverbot von Menthol-Zigaretten geben könnte.


Das Bundesministerium hat dem eine Abfuhr erteilt. Das Anliegen habe „keine realistischen Erfolgsaussichten“, zumal das Tabakgesetz in Deutschland eine Tabakproduktrichtlinie der EU ausführe. Die Europäische Kommission habe bereits deutlich gemacht, dass sie keine Möglichkeit für eine weitere Fristverlängerung sehe. Dies gelte angesichts der Corona-Pandemie umso mehr.


Die Tabakindustrie bäume sich erfolglos auf und zeige ihre maßlose Unverfrorenheit, wenn sie nochmals eine Fristverlängerung fordere, so Spatz. Erneut werde deutlich, dass Tabakkonzerne sich in Deutschland über Ethik und Moral, ja sogar über das Gesetz stellen wollen.

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