In einer Mitteilung an die Mitglieder zieht das Forum Bilanz 31.12.2006
Liebe Mitstreiter/innen,
für uns war das Jahr ein Auf und Ab der Erfolge. Dabei war der Nichtraucherschutz auch mit unserer gemeinsamen Anstrengung noch in keinem Jahr zuvor in der Bundesrepublik so weit vorne auf der politischen Agenda, wie in diesem.
Unsere Strategie, die Verursacher und Förderer des Rauchens und nicht die Opfer anzuprangern und sie bei Spree-Gespräch, Frühlingsfest und Dialogveranstaltung vorzuführen, hatte ein breites Echo in der Presse gefunden. So mokierten sich Spiegel bis Die Welt über den Besuch von Bischof Huber im Clubraum des Verbandes der Zigarettenindustrie. Die Beschwerden der Gäste der Tabak-Veranstaltungen über unsere Demonstrationen sind ein guter Indikator für unseren Erfolg (Benneter bei BAT-Dialogveranstaltung, Besucher des Frühlingsfests, Gäste der Huber-Veranstaltung des VdC). Unsere im Dezember 2006 herausgegebene Broschüre „Tabakindustrie und Politik“ zeigt ein weltweit einmaliges Beziehungsgeflecht auf. Die von uns geschaffene Transparenz soll dafür sorgen, dass Bundestagsmitglieder rot werden, wenn sie bei ihren Kontakten und Parteinahmen für die Tabakindustrie erwischt werden.
Um Transparenz herzustellen, haben wir aktuell auch für einen Plakatwettbewerb unter dem Motto „Tabakwunderland“ die Initiative ergriffen, den wir Anfang des neuen Jahres zusammen mit den Gesundheitsdezernenten von Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf und der Universität der Künste (UdK) veranstalten. Die Studenten der UdK werden Entwürfe zu den Themen „Tabakindustrie und Politik“ und „Passivrauchen“ vorlegen. Wir konnten bisher zur Finanzierung des Wettbewerbs 10.000 EUR an Sponsoringgeldern sammeln. Schirmherr ist Klaus Staeck. Lothar Binding, MdB für die SPD, macht bei der Jury mit. Katharina Ehrlicher hatte die Idee und die Energie, dieses Projekt auf die Beine zu stellen.
Wir haben im Jahr 2006 mit lauten und leisen Worten in Berlin das Verbot von Passivrauch gefordert. Wir haben den Grünen im Abgeordnetenhaus bei dem Antrag zu rauchfreien öffentlichen Gebäuden und Krankenhäusern geholfen. Noch vor den Wahlen kam es darüber im Landesparlament zu einem durchbruchartigen Beschluss. Gefestigt wurde der Mehrheitsbeschluss während unserer Veranstaltung „Wahlprüfsteine“ mit den designierten gesundheitspolitischen Sprechern/innen der Parteien des Abgeordnetenhauses. Im Anschluss war es selbstverständlich, dass dieser Beschluss auch in der Koalitionserklärung der neuen Senatskoalition steht. Gerade vor dem Hintergrund von über fünf Jahren intensiver Anstrengungen für rauchfreie Krankenhäuser ist dies ein großer Erfolg. Hatten wir nicht immer wieder mit Staatssekretären, Senatorinnen und mit Gott und der Welt auf gesondert einberufenen Sitzungen und Veranstaltungen unsere klare Forderung eingebracht, dass das Krankenhaus Vorbild sein muss, wenn es um rauchfreie Einrichtungen geht? Palle Bentsen ist damit seiner unermüdlichen Geduld der Senatsverwaltung gegenüber an erster Stelle zu nennen.
Natürlich haben wir intensiv für rauchfreie Gaststätten gekämpft, mit Dutzenden von Medienauftritten, weniger erfolgreichen Feinstaubmessungen und Briefen an Bundestagsmitglieder. Es ist damit zu rechnen, dass die Diskussion im kommenden Jahr erst richtig in Fahrt kommt. Daher planen wir im Februar eine Veranstaltung zur rauchfreien Gastronomie mit einer Referentin aus Irland.
Im Jahr 2006 wurde Tabakwerbung in Zeitungen, Internet und Formel 1 auf der Basis der EU-Tabakwerberichtlinie verboten. Es fehlt jedoch das Verbot von Tabakwerbung auf der Straße und im Kino. Um darauf aufmerksam zu machen, haben wir im Juni eine viel beachtete Pressekonferenz zu unserer Studie „Tabakwerbung auf dem Prüfstand“ in Kooperation mit Ulrike Höfken (MdB der Grünen) und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) durchgeführt. Sicherlich werden wir im Jahr 2007 Motor dafür sein, dass dieses Thema weiter ganz oben auf der Agenda steht.
Unser Kodex „Gegen Sponsoring durch Tabakindustrie“ wurde auch im Jahr 2006 von zahlreichen Persönlichkeiten unterschrieben, so u. a. von Prof. Klaus Staeck, Graphiker, Jürgen Fliege, Pfarrer und Fernsehmoderator, Christa Rustler für Deutsches Netz rauchfreier Krankenhäuser, Herbert Winneberg für die Kurverwaltung Detmold-Hiddensen GmbH, Fridrich Schorlemmer, Theologe und Publizist und Prof. Renate Bergmann für die Klinik für Geburtsmedizin der Charité. Elisabeth Rieth hat sich ganz besonders erfolgreich für den Kodex eingesetzt.
Das Forum Rauchfrei hat weitere Mitglieder auch ausserhalb Berlins gewonnen, so in den Städten: Hannover, Düsseldorf, Trier, Magdeburg und Dresden. Auch in Spanien und Slowakei haben wir jeweils ein Mitglied.
Die Zusammenarbeit mit weiteren Personen und Gruppen, wie dem Nichtraucherbund Berlin e.V., Kampagne Rauchzeichen, Kampagne Deutschland Rauchfrei, Netzwerk Rauchfrei Studieren, und Rettet den Regenwald e.V. wurde ausgebaut.
Gute Kontakte pflegen wir zum Internet-Arbeitskreis gegen das Rauchen und für den Nichtraucherschutz von Dr. Weber, zum Ärztlichen Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V. und zum Deutschen Krebsforschungszentrum, Heidelberg.
Auf nationalen und internationalen Kongressen und Veranstaltungen war das Forum Rauchfrei mit Beiträgen von Johannes Spatz vertreten: World Conference on Tobacco OR Health, Washington (Poster), Herz-Lungenzentrum Havelhöhe, Berlin (Vortrag), Deutsche Konferenz für Tabakkontrolle, Heidelberg (Vortrag) und Kongress Armut und Gesundheit, Berlin (Vortrag).
Die Medienresonanz hat deutlich zugenommen, wie es zahlreiche Beiträge im Pressespiegel belegen.
Unsere Stimme hat inzwischen innerhalb der Bewegung zur Tabakprävention ein bundesweites Gewicht. In Zukunft wird es immer wichtiger sein, dass sich die Vielzahl von Nichtraucherinitiativen abstimmen. Dabei sollte Transparenz gewährleistet sein. Dies bezieht sich gerade auch auf Fragen der Finanzierung. Wenn, wie während des Kongresses in Heidelberg bekannt gegeben, vom Aktionsbündnis Nichtrauchen ein Kampagnenzentrum aufgebaut wird, sollten Ross und Reiter benannt werden. Auch wäre es dringend notwendig, dass in einem Lenkungsgremium eines solchen Zentrums die führenden Organisationen der Anti-Tabak-NGOs der Bundesrepublik vertreten sind.
Im neuen Jahr werden uns besonders wichtig sein:
- Umfassende und bundeseinheitliche öffentliche Rauchverbote
- Absolutes Tabakwerbeverbot
- Tabaksteuererhöhung für Feinschnitt u. a.
- Problematisierung des Wasserpfeifenkonsums
- Machenschaften der Tabakindustrie
Johannes Spatz Dr. Jörn Reimann