Hoffnung für den Schutz vor Tabakwerbung Artikel der Frankfurter Rundschau vom 09.10.2018

am 9. Oktober 2018

Artikel aus der Frankfurter Rundschau vom 09.10.2018:

Tabakgegner setzen Hoffnung auf neue CDU-Fraktionsspitze mit Ralph Brinkhaus.

Kauder blockierte Tabakwerbeverbot.

Er war der starke Mann in der Union – bis er fiel. Überraschend hat die Unionsfraktion in der vorvergangenen Woche ihren langjährigen Vorsitzenden Volker Kauder (CDU) gestürzt und damit auch jenen Mann, der ein Tabakwerbeverbot in Deutschland verhindert hatte. Nun schöpfen Tabakgegner Hoffnung. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern mehrere Organisationen, darunter das Deutsche Krebsforschungszentrum, das Institut für Tabakentwöhnung und Raucherprävention sowie Unfairtobacco, den neuen Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus auf, „sich für Kinder und Jugendliche stark zu machen und sie vor der Werbung der Tabakindustrie zu schützen“.

Tatsächlich könnte ein solches Gesetz längst verabschiedet sein. Denn bereits im April 2016 hatte die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel einen Gesetzesentwurf beschlossen, der ein Verbot von Tabakwerbung im öffentlichen Raum ab 2020 enthielt. Doch die Unionsfraktion setzte die Abstimmung für den Rest der Legislaturperiode, immerhin ganze eineinhalb Jahre, einfach nicht auf die Tagesordnung des Bundestags.

Deutschland: Entwicklungsland in Sachen Tabakregulierung

Deutschland blieb damit Entwicklungsland in Sachen Tabakregulierung. Die Bundesrepublik ist in der EU das einzige Land, das noch Plakatwerbung erlaubt. Selbst Bulgarien, das viele Jahre lang mit Deutschland diese zweifelhafte Ehre teilte, hat Außenwerbung inzwischen verboten. Denn allen Beteuerungen der Tabakindustrie zum Trotz, sich mit ihrer Plakatwerbung nicht an Jugendliche zu richten, fühlen sich diese von den Versprechen auf den Plakaten angesprochen. Das haben Wissenschaftler bei zahlreichen Gelegenheiten nachgewiesen. Die große Mehrheit ihrer Neukunden rekrutieren die Hersteller unter Jugendlichen.

Ex-Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU), wie Kauder ein Konservativer, hatte dieses Problem erkannt. Er schrieb für die Bundesregierung den entsprechenden Gesetzentwurf und versuchte bis zuletzt, die Mitglieder des Bundestags, insbesondere seine eigenen Kollegen, davon zu überzeugen.

„Kinder und Jugendliche können der Tabakwerbung auf Plakaten im öffentlichen Raum und im Kino nicht ausweichen“, schrieb er in einem gemeinsamen Brief mit dem damaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und der Drogenbeauftragten Marlene Mortler an die Abgeordneten. Nicht nur für die Gesundheit der Bürger sei die gegenwärtige Situation schlecht, auch für den Staat gehe die Rechnung nicht auf. Den Tabaksteuereinnahmen von 14 Milliarden Euro im Jahr stünden tabakbedingte Mehrkosten von 78 Milliarden Euro gegenüber.

Kauder blockierte

Doch das reichte nicht, um Kauder und Kollegen davon zu überzeugen, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Sie kümmerte auch nicht, dass Deutschland bereits 2004 dem Tabakrahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation beigetreten ist und sich damit verpflichtet hat, bis 2010 ein „umfassendes Verbot aller Formen von Tabakwerbung“ einzuführen.

„Volker Kauder stellte sich über Jahre den Forderungen der Nichtraucherschutzorganisationen nach einem Tabakwerbeverbot wie eine Zementwand entgegen“, sagt der Sprecher des Forum Rauchfrei, Johannes Spatz. „Er war einer der erfolgreichsten Tabakindustrielobbyisten in Deutschland.“ Nun setze man „große Hoffnungen“ in Fraktionschef Brinkhaus. Der könnte das Tabakwerbeverbot zügig auf den Weg bringen. Die Grünen haben im April einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht.

Tabakwerbeverbot entspricht Willen der Bevölkerungs-Mehrheit

„Rauchen ist weiterhin der Krebsrisikofaktor Nummer eins – jede fünfte Krebsneuerkrankung in Deutschland geht auf Tabakkonsum zurück“, sagt Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Die meisten Menschen würden im jungen Alter anfangen zu rauchen. „Ein Tabakwerbeverbot kann somit einen erheblichen Beitrag zum Jugendschutz und damit letztlich zur Krebsprävention leisten.“

Ein Tabakwerbeverbot würde auch dem Willen einer großen Mehrheit der Bevölkerung entsprechen. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Jahr 2016 zufolge befürworten 69 Prozent der Bundesbürger ein vollständiges Verbot von Tabakwerbung. In den vergangenen Tagen haben mehr als 47 000 Menschen eine entsprechende Petition an die Unionsfraktion unterzeichnet.“

Daniel Baumann

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