Wer einen Preis bekommt, sollte genau darauf achten, wer diesen Preis stiftet. Hätte der ungarische Mediziner Botond Roska sich an diese Devise gehalten, hätte er den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft, der ihm am 7. September im Hamburger Rathaus verliehen wurde, möglicherweise abgelehnt. Denn das Preisgeld in der stolzen Höhe von einer Million Euro stammt aus dem Verkauf und Konsum von Zigaretten, einem Produkt, das wie kein zweites die Erde mit Krankheit und Tod überzieht.
Die Körber-Stiftung ist alleinige Inhaberin der Körber AG, die sich laut eigener Internetseite als Partner der Tabakindustrie bezeichnet. Man müsste eher sagen: Teil der Tabakindustrie. Schließlich besitzt die Körber AG mit der Hauni Maschinenbau GmbH, der „Keimzelle unseres Konzerns“, den weltweit führenden Hersteller von Maschinen für die Zigarettenproduktion. Die Hauni Maschinen GmbH ist Mitglied des Bundesverbandes der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE), Seite an Seite mit z.B. British American Tobacco oder dem Deutschen Zigarettenverband.
Von der Tabakindustrie gestiftete Preise – ob für Wissenschaftler, Journalisten oder Künstler – sind Teil der Werbestrategie der Tabakindustrie. Sie präsentiert sich im Rahmen dieser sogenannten „gesellschaftlichen Verantwortung“ als besorgter Teilhaber der Gesellschaft, dem das Wohl der Menschen am Herzen liegt. Angesichts der Zahl von acht Millionen Menschen, die nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums sterben, ist es absolut unverantwortlich, einen dieser Preise anzunehmen.
Der Preisträger Botond Roska ist Augenarzt. Er hat sich nach Auskunft der Körber-Stiftung „zum Ziel gesetzt, Erblindeten das Augenlicht zurückzugeben“. Er wird wohl wissen, dass das Rauchen das Risiko zu erblinden wesentlich erhöht. Indem er einen Preis annimmt, der das Ansehen einer Stiftung fördert, welche die Tabakindustrie bei ihren Geschäften unterstützt, wird er diesem Ziel nicht näherkommen.
Wir bitten Herrn Roska dringend, den Preis der Körber Stiftung zurückzugeben. Sicherlich ist eine Million Euro ein hoher Betrag. Aber Herr Roska sollte bedenken, dass er sich von einer Industrie kaufen lässt, die mit ihren Produkten seine Arbeit als Arzt verhöhnt.
Es scheint, dass die Tabakindustrie verstärkt versucht, das Gesundheitswesen für sich zu vereinnahmen. So lässt sich z.B. auch die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit von dem Tabakgiganten Philip Morris bei der Bekämpfung von COVID-19 helfen (siehe Meldung des Forum Rauchfrei vom 13.08.2020), wobei Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci einen erschreckenden Mangel an Problembewusstsein an den Tag legt. Sie lässt zu, dass die Senatsverwaltung seit Monaten Schutzmaterial wie Masken, Handschuhe und Kittel auf dem Werksgelände der Firma Philip Morris in Berlin Neukölln lagert und sich ganz offenbar von der Hilfe des Zigarettenproduzenten abhängig macht.