Lothar Binding, Bundestagsmitglied der SPD, hat an den Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Jan-Hendrik Olbertz, geschrieben. Er fordert ihn auf, seine Schirmherrschaft für die Pall Mall Stiftung des Tabakkonzerns British American Tobacco aufzugeben.
Lobbyismus – Imagewerbung für ein schädliches Produkt
Ihre Schirmherrschaft für die Pall Mall Foundation
Sehr geehrter Herr Professor Olbertz, sehr geehrter Herr Minister,
zufällig fand ich im Internet eine Seite der „Pall Mall Foundation Deutschland“ – „Your Chance. Your Future“. Your Death. Dort wird mit Ihnen als Minister und Schirmherr der Pall Mall Foundation des Tabakkonzerns British American Tobacco geworben.
Es ist ein bekanntes Werbeverfahren der Tabak- bzw.- Zigarettenindustrie, ihre Produkte, die bekanntlich süchtig machen, oft zu Krebs und Kreislaufproblemen führen, mit anderen Aktivitäten zu verknüpfen. Der Kunde soll Sucht und Gift vergessen und mit der Zigarette „soziales Engagement“ verknüpfen. Dieses Muster finden wir in vielfältiger Weise.
Mit Ihrer Schirmherrschaft sollen Sie „soziales Engagement“, ein „Corporate Social Responsibility“-Projekt unterstützen. Das wäre im Normalfall auch eine gute Sache. In diesem Fall wird Ihr guter Name jedoch missbraucht. Ihre persönliche Reputation wird über die Transmission „Sozialprojekt einer Zigarettenfirmenstiftung“ auf die Zigarette übertragen. Tatsächlich verwenden sozial schwache Menschen einen überproportional großen Anteil ihres Einkommens für Tabakprodukte – Voraussetzung für jene Gewinne, die dann wiederum in so genannte Sozialprojekte fließen, für Menschen, die sich nicht gut entwickeln können, weil unter anderem ihr Einkommen nicht ausreicht, häufig auch Menschen, die keine große Nähe zur Bildung haben.
Die Werbung der Stiftung ist darüber hinaus unverkennbar Tabakwerbung. Aber Tabakwerbung ist nach § 22 des vorläufigen Tabakgesetzes verboten, wenn sie sich an Heranwachsende wendet. Im Internet ist die Zielgruppe aber evident – was wollten wir anderes assoziieren als Jugendlicher, der junge Mensch, wenn wir Formulierungen lesen wie „junge Menschen“ und „junge Berufseinsteiger“ und Bilder junger hübscher Menschen sehen.
International sind solche „Corporate Social Responsibility Projekte“ geächtet. Inzwischen gehört es zum Allgemeinwissen, dass diese Sozialprojekte von der zynischen Unternehmenspolitik der Tabakindustrie ablenken sollen.
In einem ähnlichen Fall konnten meine Hinweise mitbewirken, dass eine Bundesministerin Ihre Unterstützung eingestellt hat. Deshalb möchte ich Sie bitten, die Signale, die von Ihrer Schirmherrschaft für die Pall Mall Foundation ausgehen – gerade als Kultusminister – nochmals zu reflektieren. Kaum ein anderer Minister trägt eine solch hohe Verantwortung gegenüber den jungen Menschen, Schülerinnen und Schülern, Studentinnen und Studenten, wie Sie als Kultusminister – aber die Zigarettenindustrie hat es gerade auf diese Altergruppen abgesehen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in höherem Alter zu Rauchen beginnt, ist viel geringer. Außerdem ist jedes Jahr, das ein Jugendlicher später beginnt zu Rauchen, unter den kurzfristig definierten Ertragszielen, ein für den Umsatz und Gewinn der Tabakindustrie verlorenes Jahr.
Da Sie für den Schutz vor den Gefahren des Rauchens speziell in Schulen eintreten, wird Ihnen der Schritt, die Schirmherrschaft im Sinne der Tabaklobby abzulehnen, leicht fallen.
Mit der Hoffnung auf eine positive Rückmeldung im Dienste der Gesundheit unserer jungen Menschen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Lothar Binding